Oltner Tagblatt, Nordwestschweiz vomMontag, 25. November 2013, Seite: 13
Nachbarschaft
VON PETER BIRCHER
Dr. Marc Kéry, Dr. Raimund Rodewald und Werner Habermacher, Präsident Verein Pro Burg (von links), Bild Peter Bircher
Der bereits fünfte Informationsanlass des Vereins Pro Burg war am Dienstagabend im Ochsensaal in Wölflinswil sehr gut besucht und bot einerseits zwei kompetente Referate über den Wert der Landschaft und die Bedeutung der Erhaltung der Artenvielfalt und machte anderseits einmal mehr den Standpunkt des Vereins klar: Es darf keine hochindustrielle Grossanlage bis zu 200 Meter Höhe auf Burg in einer bis heute intakten und weitgehend unberührten Landschaft geben.
Dr. Raimund Rodewald, Geschäftsführer der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, zeigte diesen Landschaftsraum eindrücklich mit dem Vergleich der aktuellen Landeskarte und derjenigen vor rund 100 Jahren. Was entlang den Flüssen, im Mittelland in den städtischen Agglomerationen in den letzten Jahrzehnten vor sich geht, können alle täglich mitverfolgen.
Genau diese Entwicklung ruft dringend nach Freiräumen, nach Natur und der Erhaltung der Schönheit und Einmaligkeit der Landschaft. Die Suche nach Harmonie, Schönheit, Ruheinseln, nach Ausgleich zur Hektik in den Ballungsräumen, gehört nach Rodewald zur elementaren Triebkraft des menschlichen Daseins.
Über die Jahrhunderte haben Künstler und Gelehrte, Dichter und Wissenschafter das Wohlbefinden, das Licht, die Farbigkeit und das Mosaik einer Naturlandschaft als für unsere Gesundheit bedeutend bezeichnet. «Wir brauchen Sehnsuchtsorte, wie sie hier die liebliche Hügellandschaft des Aargauer Juras zu geben vermag», betonte der Referent.
Dr. Marc Kéry als engagierter Biologe, Umweltwissenschafter und Privatdozent an der Universität Zürich schilderte das Ökosystem, die Artenvielfalt und letztlich den Schutz der Landschaft als «überlebenswichtig», die Grundlage des menschlichen Lebens. «Allein schon für unseren Selbstschutz müssen wir diese Naturwerte hoch einstufen, aber vor allem auch im Blick auf kommende Generationen». Er zeigte für die Brut- und Zugvögel ein grosses Gefährdungspotenzial auf.
Kleine Populationen sind sofort gefährdet, wenn diese durch Fremdeinwirkung dezimiert werden. Er nannte als Beispiele im Waadtländer Jura den Bartgeier, im näheren Jura die Heidelerche, den Rotmilan und die Fledermauskolonien. «Wir dürfen keine subventionierte Landschaftszerstörung zulassen», forderte Kéry und meinte damit den fragwürdigen Subventionsfluss über die kostendeckende Einspeisevergütung. Wie die Vereinigung «Wind still», die gegen ähnliche Anlagen auf der Challhöhe kämpft, feststellte, ist zurzeit der Subventionstarif für Windenergie in der Schweiz 21,5 Rappen pro Kilowattstunde und in Deutschland aktuell 11 Rappen (8,8 Cent).
Übereinstimmend lässt sich aufgrund der beiden Referate festhalten: Windkraft ist labil, unberechenbar und sichert keine konstante Versorgung. Gefährdet die Versorgungssicherheit sogar, wenn zum Beispiel die Wasserkraft teilweise ausgebootet wird. Halbiert sich beispielsweise die Windgeschwindigkeit, sinkt die erzeugte elektrische Energie um das Achtfache.
Aus wirtschaftlicher Sicht können nur wenige Standorte in der Schweiz mithalten, zum Beispiel das Untere Rhonetal im Wallis. Wollte man das Kernkraftwerk Gösgen mit Windturbinen ersetzen, müssten 1522 MW-Turbinen landesweit erstellt werden, die aber nur eingesetzt werden könnten im Mix, im Verbund mit anderen Produktionsanlagen. Strom muss bekanntlich jederzeit an der Steckdose verfügbar sein.